„Fun engineering“: Hochschule München automatisiert Tischkicker

Die Hochschule München baut einen automatisierten Tischkicker. „ProCK“ – kurz für Projekt ComputerKicker – musste nach längerer Ruhephase erst aus seinem Dornröschenschlaf erweckt werden. Inzwischen ist der Kicker mit automatischer Steuerung aber wieder putzmunter und zum Aushängeschild der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik avanciert. Nach Analyse der Elektroinstallation und ihrer Dokumentation mit Eplan steht auch einer Weiterentwicklung der Hardware nichts mehr im Weg.

Man nehme die eingemotteten Einzelteile eines einst automatisiert spielenden Tischkickers und mache ihn wieder flott. Klingt simpel – ist es aber nicht. Erst recht nicht, wenn es nur einen etwa 15 Jahre alten Konzept-Schaltplan gibt. Kein Hindernis allerdings für Professor Guido Stehr von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Hochschule München: Er hatte es sich zum Ziel gesetzt, dem einst erfolgreichen Projekt zu neuem Leben zu verhelfen. Dabei kam auch Software von Eplan Education zum Einsatz. Doch von Anfang an …

2008 war „ProCK“ an der Hochschule München erfolgreich ins Leben gerufen worden. Das Projekt wurde kontinuierlich weiterentwickelt und 2013 sogar auf der Hannover Messe vorgestellt – doch dann ging der verantwortliche Professor in den Ruhestand. Fortan lag das Projekt jahrelang brach, bis der Kicker schließlich entsorgt werden sollte. „Da habe ich meinen Finger gehoben“, erinnert sich Professor Stehr. „Wir haben den Tischkicker für unseren Studieninformationstag reaktiviert“, erzählt der Leiter des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik und Informationstechnik. Bis der Kicker wieder vorzeigbar war, war es allerdings viel Arbeit. Hier kam Jakob Friederich ins Spiel. Der Student im zweiten Semester dokumentierte das Projekt.

Studentische Hilfskraft packt mit an

Der Computerkicker besteht aus einem handelsüblichen Kickertisch und einer Vitrine, die die gesamte Steuerung enthält, und damit den Schaltschrank ersetzt. „Es gab einen alten Konzept-Schaltplan von 2008, auf 50 Seiten verteilt, für ein Gerät, das ich noch nie gesehen hatte“, erklärt Friederich. „Ich musste die Bauteile und Funktionen der Vitrine mit den Elektroinstallationen erst kennenlernen. Meine Aufgabe war es, diesen Schaltplan zusammen mit aktuellen Aufzeichnungen zu einem großen Schaltplan zusammenzuführen.“ Jede noch so kleine Klemmenbezeichnung, jedes noch so winzige Detail musste dabei berücksichtigt werden. Dafür bot sich Eplan Education als Software an. Der gelernte Elektroniker brachte diesbezüglich schon Erfahrungswerte mit. „Diese Software habe ich in der Ausbildung bereits kennengelernt, ich musste mich daher nicht neu einarbeiten.“ Bekannt waren Jakob Friederich durch seine Ausbildung auch die Industriekomponenten, aus denen der Kicker nebst Schaltvitrine besteht, und er konnte direkt loslegen.

Mittlerweile ist der Stromlaufplan vollständig ausgearbeitet. Sehr geholfen haben hier die umfangreichen Bauteil-Bibliotheken, das unkomplizierte Einpflegen externer Bauteilvorlagen und das automatische Erstellen von Klemmenplänen inklusive Querverweisen. "Ich habe viel gelernt – über Eplan und über den Kicker", sagt Friederich. Im Zuge der Überarbeitung hat der engagierte Student noch neue Elektroteile hinzugefügt, zum Beispiel eine Lüftersteuerung für die Vitrine, da es in dieser unter Last sehr warm wird. „Deswegen habe ich eine Schaltung eingebaut, die wie ein Heizungsthermostat erkennen kann, wann die Vitrine zu warm wird.“

Jakob Friederich setzt den Lüfter der Vitrine ein. (© Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Hochschule München)

Reanimation eines Teilehaufens

Zu Beginn ähnelte das Projekt einer Detektivarbeit. Der Kicker lag, in Einzelteile zerlegt, in einem Lagerraum, als Professor Guido Stehr die Verantwortung für ihn übernahm und sich für eine Wiederbelebung entschied.

Das Kickerlabor nach dem Einzug der Einzelteile (© Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Hochschule München)

Doch wie haucht man einem Haufen Einzelteile wieder Leben ein? Zunächst musste Stehr jemanden finden, der die Kicker-Installation noch kannte. „Der Professor war nicht mehr da, die Studenten auch nicht – aber es gab noch einen technischen Mitarbeiter von damals, der zwar in einer anderen Fakultät, aber noch bei uns an der Hochschule war“, erzählt Guido Stehr. „Alles, was ich seiner Erinnerung entlocken konnte, habe ich mitgeschrieben.“ Als der Computerkicker zusammengebaut war und wieder die ersten Tore schoss, konnte das Projekt mit neuem Schwung weiter gehen. Jakob Friederich erinnert sich noch genau an den Moment in der Vorlesung, als Professor Stehr das Projekt vorstellte: „Ich wusste sofort: Das möchte ich machen.“

Für die Dokumentation der Hardware setzte Stehr dann erstmalig Eplan Education ein. Denn trotz des Fun-Aspekts dreht es sich bei dem Kicker-Projekt um industrielle Komponenten und Methodiken. „Wir bilden Ingenieure aus und keine Bastler“, meint Professor Stehr mit einem Augenzwinkern. „Als Hochschule für angewandte Wissenschaften legen wir großen Wert auf Praxis. Deswegen möchte ich meinen Studenten industrierelevante Fähigkeiten mitgeben.“ Mittlerweile konnten aufgrund der soliden Dokumentation erste Hardware-Verbesserungen realisiert werden. Ein kleines Team mit vier Leuten arbeitet inzwischen an der Modernisierung und Leistungsverbesserung des Computerkickers.

“ProCK” – das ist der Aufbau

Und so funktioniert das automatisierte Fußballspiel: Bei einem handelsüblichen Kicker wurden die vier Stangen einer Seite abgesägt. Dort wird eine Vitrine angedockt, welche die Elektromotoren und die für die Ansteuerung notwendige Elektronik enthält. Die Motoren treiben die abgesägten Kickerstangen an, die über ein Kupplungsgelenk mit der Vitrine verbunden sind. Mehrere Kameras schauen, wo der Ball gerade liegt. Tore werden mittels Lichtschranken gezählt. Eine weitere Lichtschranke passt auf, dass sich niemand die Finger klemmt.

Anschluss eines Rotationsmotors (© Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Hochschule München)

Ein Monitor über dem Kickertisch zeigt den Spielstand an. Als Gegner ist der Computerkicker zwar strategisch noch nicht so fit wie etwa ein Schachcomputer – aber die Schüsse sind präzise und kraftvoll. „Der automatische Kicker holt seine Stärke aus der Geschwindigkeit“, erläutert Professor Stehr. „Die Spielstrategie ist einfach – er versucht, wenn er an den Ball kommt, zu schießen, und wenn er nicht an den Ball kommt, zu decken. Aber wenn er den Ball schießt, ist er sehr schnell.“ Die Verbesserung der Spielstrategie ist geplant. „Das wäre doch ein schönes Thema für eine Abschlussarbeit“, konstatiert der Professor.

Die Gesamtkonstruktion aus Kickertisch mit Vitrine und Monitoren (© Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Hochschule München)

Der Computerkicker on Tour

Im September 2024 ging der Computerkicker auf Tour. Beim „Superbloom Music & Science Festival“ in München war er ein echtes Highlight für die überwiegend jungen Besucherinnen und Besucher. „So ein Kicker ist eben zeitlos und zeigt auch unmittelbar, dass Elektrotechnik unglaublich viel Spaß macht. Das ist vielen jungen Leuten nicht klar“, erläutert Guido Stehr den Antrieb für die Teilnahme am Festival. Doch der Kicker dient nicht nur der Außendarstellung; er liefert motivierende, ja spielerische Themen für die Ausbildung. „Das nenne ich 'fun engineering'“, sagt Professor Stehr. „Aus der Pädagogik ist bekannt: Der Mensch muss auch spielen. Dadurch lernt er am besten.“